Spontane Geburt nach Kaiserschnitt

Eine Doula erzählt…
Geburtsbericht TM*
geboren am Mittwoch, 7. Oktober 2009, ca. 19.46 Uhr
55cm Länge, 35cm Kopfumfang, 41cm Schulterbreite, ca. 4.460kg Gewicht
Als ich 2007 die Doula Workshops in Fürstenfeld besuchte, war mir von Anfang an klar, dass ich mich nicht sofort voll in die Doulaarbeit stürzen kann: meine Kinder sind mir dafür noch zu klein, mein soziales Netzwerk würde den Belastungen wochenlanger Bereitschaft nicht standhalten. Ich mache zwar immer wieder Vorbereitungsgespräche, Babymassagen, Notfallsbereitschaften, Urlaubsvertretungen, aber dass ich so lange auf meiner erste Geburtsbegleitung waren müsste, dachte ich nicht! Dafür kam diese dann umso unerwarteter…
Beim Doulatag 2009 traf ich eine Doula, die mich bat, ihre Vertretung für eine Begleitung, wo der Geburtstermin schon überschritten war und der Termin für die Einleitung mit Ende der darauf folgenden Woche bereits feststand, zu übernehmen. Wie sich im Gespräch herausstellte, kannte ich die Mutter MM* bereits aus der Stillgruppe mit ihrem ersten Kind. Ich sagte natürlich gerne zu. Noch dazu war die Geburt im SMZ Ost geplant, von meiner Wohnung ca. 10 Minuten entfernt.
Am Mittwoch, 7. Oktober, hatte MM einen Kontrolltermin im SMZ Ost. Laut den Ärzten war der Muttermund nur ganz wenig geöffnet, aber die Frau hatte schon Wehen, die für sie schon ziemlich mühsam waren. Wir standen am Nachmittag immer wieder in telefonischem Kontakt. Eine Freundin half ihr die Zeit zu überbrücken. Ich riet ihr einen ruhigen, entspannten Nachmittag zu haben, spazieren zu gehen, Becken zu kreisen. MM tat sich von Anfang an schwer, die Wehen anzunehmen. Die Angst, dass die Schmerzen stärker würden, und sie diese nicht aushalten würde, war sehr groß. Auch die Frage, was passieren würde, wenn sie mit für sie starke Schmerzen ins KH ginge und der Muttermund noch nicht weit geöffnet war, beschäftigte sie. Laut den Ärzten sollte sie erst mit 3 Min. Wehen ins KH fahren. Was, wenn sie sich schon mit 5 und 7 Minuten Wehen nicht mehr wohl zu Hause fühlen würde? Ich versuchte sie zu beruhigen und versicherte ihr, dass wann immer sie das Gefühl habe ins KH fahren zu müssen/zu wollen, es für sie die richtige Zeit war.
Um 16.30 rief mich MM wieder an. Ihr Mann war bereits zu Hause und würde während der Geburt auf die ältere Tochter aufpassen. Die Rettung war schon gerufen und wir beide trafen dann zeitgleich knapp nach 17.00 Uhr vor der Geburtenstation ein.
MM war sehr erleichtert, als sie mich sah. Obwohl wir uns seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesehen hatten, fanden wir gleich wieder zueinander. Die Wehen waren mittlerweile schon sehr stark und auch die Angst, dass sie das alles nicht durchstehen würde.
Da ich die einzige Begleitperson war, gab es von Seiten der Hebamme keinerlei Einwände wegen meiner Anwesenheit.
Bei der vaginalen Untersuchung wurden wir gleich zu Beginn total überrascht. Laut den Ärzten war ja der Muttermund zu Mittag nur ganz wenig geöffnet. Einige Stunden später war er bereits 9cm offen! Sogar die erfahrene Hebamme und vor allem die Mutter konnten es nicht glauben. Sie wurde während der ganzen Geburt ans CTG gehängt, dem Baby ging es aber immer sehr gut.
Die nächsten Stunden waren dann ziemlich hart für MM. Sie blieb die ganze Zeit im Bett liegen, sie wollte auch gar nicht wirklich aus dem Bett raus. Die Wehen machten ihr ziemlich zu schaffen. Sie konnte es lange nicht glauben, dass noch am selben Tag ihr Sohn auf die Welt kommen würde. Ich versuchte ihr zu helfen, so gut wie möglich mit den Wehen, mit den Schmerzen fertig zu werden. Wir atmeten gemeinsam, ich versuchte sie mit Körperkontakt zu stärken, immer wieder erinnerte ich sie daran, dass sie bald ihr Baby im Arm halten würde. Der Muttermund öffnete sich auf 10cm, nur dauerte es eine Weile – für die Frau schien es wie eine Ewigkeit – bis der Muttermund vollständig verstrichen war. Die Wehen wurden immer stärker und ein wenig auch die Angst von MM, dass sie es nicht schaffen könnte.
Die Hebamme half der Frau so gut wie möglich durch die Wehen. Das Atmen mit Stöhnen, das MM gemeinsam mit mir zuerst praktizierte, stieß bei der Hebamme auf wenig Verständnis. Lärm machen bringe bei einer Geburt nichts, meinte sie. MM konnte den Atemrhythmus der Hebamme auch gut annehmen
Nach einiger Zeit (ca. 18.30 Uhr) hatte MM das Gefühl pressen zu müssen. Aber der Muttermund war noch immer nicht vollständig verstrichen und auch das Kind war noch nicht wirklich in einer optimalen Geburtsposition. Die Hebamme wies die Frau an, den Pressdrang zu veratmen, da einfach die Zeit zum Pressen noch nicht gekommen war. MM versuchte es, so gut es ging, aber manchmal musste sie einfach schon pressen. Darüber war die Hebamme nicht sehr begeistert. Mittlerweile hatte sie nicht nur Schmerzen während der Wehen, sondern auch in den Wehenpausen und auch im ganzen Bauch. Zu der Angst über die Wehenschmerzen kam auch noch die Angst dazu, dass etwas mit der Kaiserschnittnaht der ersten Geburt nicht stimmen könnte.
Gegen 19.00 Uhr kam es zu einem Hebammenwechsel. Mit der Nachthebamme kam auch eine Hebammenstudentin, die frischen Wind in den Kreissaal brachte. Der Muttermund war noch immer nicht vollständig verstrichen, MM war schon ziemlich müde und die Wehen waren nicht stark genug, um das Baby wirklich weiterzubringen. Die Hebammenstudentin schlug MM einen Positionswechsel vor. Trotz CTG am Bauch schaffte sie es, sich über das hochgestellte Bettteil zu lehnen. In dieser Position konnte das Baby ein wenig weiter in den Geburtskanal rutschen. Aber MM wollte bald wieder normal im Bett halbsitzend liegen. Der Damm wurde mit warmen Kompressen weicher und dehnbarer gemacht, das rote Handtuch wurde gewärmt – aber trotzdem fehlten dem Baby noch die letzten paar Zentimeter.
Endlich war die Zeit zum Pressen gekommen. Die Hebammenstudentin half, motivierte und unterstütze MM so gut sie konnte und versuchte auch die immer wiederkehrenden Krämpfe zu entspannen. MM war zu diesem Zeitpunkt schon sehr erschöpft, entmutigt, die Wehen waren zu wenig stark, noch dazu war ihr durch das viele Pressen schwindelig und schlecht geworden. MM bekam einen Wehenstärker, zusätzlich wurde die Blase entleert und auch ein Dammschnitt wurde gemacht. Aber die ganzen Bemühungen halfen nicht wirklich. Das Baby schaffte es einfach alleine durch die Wehen nicht, das letzte Stück durch den Geburtskanal zu rutschen. Schließlich kam die diensthabende Ärztin und drückte bei der nächsten Presswehe kräftig auf den Bauch der Mutter. Nach ein paar solcher Presswehen, hatten es beide endlich geschafft und TM war um 19.46 Uhr geboren.
Laut Aussage der Hebamme und der Ärztin war nach der Geburt klar, wieso TM es im Geburtskanal so schwer hatte – 55cm Länge, 35cm Kopfumfang, 41cm Schulterbreite, 4.460kg Gewicht!
MM war enorm erleichtert, als sie TM endlich im Arm halten konnte. Sie konnte es einfach nicht glauben, dass sie es alleine ohne Schmerzmittel geschafft hatte. Nach ein paar Minuten war auch die Plazenta vollständig geboren. Ich durfte dann noch die Nabelschnur durchtrennen, musste dann aber – da nur eine Begleitperson erlaubt war – beim Eintreffen des Vaters den Kreissaal verlassen.
Christine Laszlo
* Namen wurden auf Wunsch der Mutter abgekürzt