Geburtsbericht einer Oma

Darf ich vorstellen:
Mein Enkelsohn, geboren am 14.02.2010 um 01:39 Uhr mit 3250g auf 51cm

SONY DSC
Die Geburt war wunderbar!

Bereits am Freitag (12.02) früh um 07:10 wurde ich von meiner Tochter Anna geweckt mit den Worten: „Mamiiiiiii, meine Fruchtblase ist geplatzt!“ Wir dachten, okay, dann geht es jetzt los, trafen hektisch die letzten Vorbereitungen, beorderten telefonisch den werdenden Vater von der Arbeit heim und warteten auf Wehen.

Als er da war, zündeten die Beiden die selbst gestaltete Geburtskerze an. Dann wurde der Geburtspool aufgebaut.

Wehen kamen auch, aber sehr leicht und unregelmäßig. Das Fruchtwasser rann weiter so vor sich hin, so dass wir vorsichtshalber mit der Hebamme Rücksprache hielten. Die meinte, alles sei okay, Anna darf alles machen, außer Trampolinspringen. Okay, wir gingen also spazieren, einkaufen, dann ging Anna in die Badewanne. Wehen blieben leicht und unregelmäßig…

Am Abend kam die Hebamme zum untersuchen. Muttermund war zwar bereits butterweich, aber erst 1cm auf.

Wir sind alle schlafen gegangen und Anna hat sogar stundenweise schlafen können.

Am Mittag des 13.02. kam die Hebamme wieder. 30 Stunden nach Blasensprung. Muttermund auf 2cm, aber immer noch nur sehr leichte und unregelmäßige Wehen.

Das Problem ist, dass ab 24 Stunden nach Blasensprung eine aufsteigende Infektion möglich ist und man deshalb danach nur auf eigene Gefahr daheim bleiben kann. Da aber alles okay war und es Anna gut ging, haben sie beschlossen, noch abzuwarten. Im Krankenhaus würde jetzt mindestens künstlich eingeleitet, sogar ein Kaiserschnitt wäre wahrscheinlich angeraten worden. Eine beginnende Infektion hätte man aber frühzeitig durch ansteigende Temperatur bei Anna und/oder schnellere Herztöne vom Baby bemerkt und notfalls dann sofort antibiotisch behandeln können. Beides war völlig normal und Anna fühlte sich wohl und gut.

Die Hebamme besprach sich noch telefonisch mit einer älteren Kollegin, die so etwas schon sehr oft erlebt hat und die sagte auch, wir sollten daheim bleiben, solange es Anna gut geht und Temperatur und Herztöne im Auge behalten.

Nervös war ich trotzdem…. ABER: Siehe da, die Fruchtblase hatte sich schon Stunden vorher selbst wieder verklebt (das geht – wusste ich vorher auch nicht) und war längst wieder völlig dicht. Anna hatte das nur nicht sofort bemerkt. Die Hebamme akupunktierte Anna zur Wehenförderung, Anna hatte sich bereits einen wehenfördernden Einlauf gemacht und dann noch in einem wehenfördernden Bad mit wehenfördernden Aromaölen einen „Wehencocktail“ getrunken (Örgs..mit Rhizinusöl)… es KONNTE also jetzt nur losgehen. Die Hebamme meinte allerdings, es würde sicher erst später weitergehen. Eile bestand ja nun keine mehr, denn die Fruchtblase war ja wieder zu. Sie fuhr um 15 Uhr also zu einer Verabredung mit einer Freundin… bei so vielen Wehen fördernden Maßnahmen um mich herum, dachte ich schon selbst, ich kriege gleich Wehen…

Um 16 Uhr platzte Annas Fruchtblase dann aber gleich zum zweiten Mal.

Die Wehen wurden stärker und regelmäßiger alle 5-10 Minuten.

wehenharmoniehell381158Anna ging zunächst in die Badewanne, wechselte dann aber in den Geburtspool, der im Wohnzimmer aufgebaut war. (Einen Geburtspool kann man sich vorstellen wie ein Kinderplantschbecken, nur viel höher). Der werdende Vater war die Ruhe selbst und hat eine Pizza gebacken und Anna hat im Pool in den Wehenpausen noch lecker Pizza gefuttert.

Gegen 19:50 waren die Wehen so bei 3-5 Minuten und wir riefen die Hebamme zurück. Als sie 20 Minuten später ankam, waren die Wehenabstände bei 2 Minuten und die Hebamme rief mal gleich auch Doris, die Doula an. Es sei nicht eilig, aber wenn sie Zeit hätte, sollte sie sich auf den Weg machen. Doris kam sofort.

Es war eine sehr gemütliche Stimmung, bei Kerzenlicht saß Anna im Pool mitten im Wohnzimmer. Ihr Mann war immer bei ihr, die Doula hatte leckeren Apfelkuchen mitgebracht und wir tranken Tee, aßen Pizza und Kuchen und unterhielten uns. Annas Hündin Dana lag mitten drin und war gar nicht besonders aufgeregt, obwohl Annas Wehen immer deutlicher hörbar wurden.

Die Fotos sind zwar unscharf, weil es sehr dunkel war und ich natürlich nicht geblitzt habe, aber man erahnt ein wenig die Stimmung:

stimmungneu3806350

Zwischendurch versuchte Anna es mal außerhalb des Wassers.

doulabericht3814858

Doula Doris massiert Annas Rücken.

Anna wollte dann aber doch bald wieder ins warme Wasser.

Gegen 0:00 Uhr war Anna in der Übergangsphase. Die Presswehen begannen eher langsam und Anna traute sich zuerst nicht, so richtig mitzupressen. Sie wartete noch auf die erwarteten „schlimmen Wehen“ und konnte nicht glauben, dass sie schon pressen darf. Diese Erkenntnis brachte sie aus dem Konzept. Im richtigen Moment wurde sie von ihrer Doula sanft daran erinnert, dass sie jede Wehe ihrem Sohn ein Stück näher bringt. Bald hatte sie ihren Rhythmus gefunden und mein Enkel arbeitete sich mit ihrer Hilfe durch den Geburtskanal. Anna sagte zwischen den Presswehen mehrmals staunend und mit großen Augen: „Das tut ja gar nicht weh!“ Manchmal ist sie auch zwischendurch kurz eingeschlafen. Es war so magisch. Meine Tochter redete manchmal leise mit ihrem Sohn „Wir schaffen das zusammen, komm, nur noch ein Stückchen“ und sah einfach nur wunderschön aus. Wir anderen saßen im Kreis um den Pool herum und waren ganz ergriffen und gebannt von diesem Moment.

Ich saß frontal vor dem Pool auf einem Stuhl und konnte genau sehen, wie das kleine Köpfchen sich herausarbeitete. Unbeschreiblich!

Um 01:39 war mein Enkelsohn unter Wasser geboren und Anna zog ihn sich auf die Brust. Die Nabelschnur pulsierte noch 20 Minuten und wurde erst dann vom Vater durchtrennt. Die Plazenta wurde in aller Ruhe nach 40 Minuten noch im Pool geboren. Anna hat keinerlei Geburtsverletzungen. Sie hat die komplette Geburt nahezu alleine gemeistert, die Hebamme musste fast nichts tun, außer den Hund zu streicheln. Mutter und Kind geht es sehr gut.

SONY DSC

In den frühen Morgenstunden entstand der Plazentadruck, eine Teamarbeit von Hebamme und Doula:

Ich bin kein Typ, der solche Worte gerne benutzt, aber diese Geburt zu erleben kann ich nur mit einem Wort beschreiben: HEILIG!

Hier noch ein Schnappschuss von meinem Enkelsohn, 5 Tage alt:

SONY DSC

Mein mütterlicher Dank gebührt meiner Tochter und meinem Schwiegersohn, die mich bei diesem intimen Ereignis dabei sein ließen.

Besondere Dankbarkeit empfinde ich für die Hebamme und die Doula, die mit ihrer Erfahrung, Ruhe und Gelassenheit – und ich möchte auch sagen, mit Weisheit, denn die ist nicht vom Alter abhängig – wesentlich dazu beigetragen haben, meinem Enkel diesen traumhaft schönen Start ins Leben zu ermöglichen.

Die stolzeste Oma der Welt 😉